Saarland

Die Keramikerzeugung im Saarland

 

Emile Decker

      Quellen Links

 


Wie in allen Nachbarregionen tauchen die ersten Keramikobjekte im Frühneolithikum auf, mit den Trägern der sogenannten Bandkeramik. Laut Archäologen wurde das Saarland in der mittleren Bandkeramik vom zentralen Rheinland aus und entlang der Mosel kolonisiert.

Einige Stätten belegen diese Landnahme: Hemmersdorf, Gerlfangen, Fürweiler, alle im Raum Saarlouis gelegen. Die Keramikherstellung in den ältesten Perioden gehört allem Anschein nach zur Hausarbeit. Jede Familiengruppe stellt ihre Tongefäße nach den eigenen Bedürfnissen her.

Handwerker, die „hauptberuflich“ töpfern, erscheinen erst später; die Herstellungstechniken werden mit dem Aufkommen von Öfen und der Töpferscheibe immer komplexer. Der Gewinn aus der Töpferaktivität ermöglicht es Einzelnen, sich teilweise oder ganz auf die Herstellung von Keramik zu konzentrieren und sich so von der Feldarbeit freizumachen. Eine solche Veränderung ist nur in einem neuen sozialen Kontext möglich, wo es Handwerker mit speziellen Fähigkeiten gibt in einer exklusiv landwirtschaftlichen Ökonomie. Diese Entwicklung muss gegen Ende der Bronzezeit und zu Anfang der Eisenzeit stattgefunden haben.

Karte: Keramikerzeugung

 

Keramikerzeugung

Emile Decker, Musée de Sarreguemines

Römisches Mosaik, Villa Nennig
Foto: cc J. Chicago

Zur Römerzeit
Vor der Ankunft der Römer ist die Bevölkerung, die zu dieser Zeit das Gebiet des Saarlands bewohnt, in zwei Stämme geteilt: die Mediomatriker im Süden und die Treverer weiter im Norden. Nach dem Beginn der römischen Kolonisation kann man die Existenz großer Villen wie in Nennig oder Perl festhalten, aber auch von Siedlungen wie Bliesbruck-Reinheim.

Genau wie weiter südlich in Lothringen lassen sich in dieser Region Keramikoffizinen nieder: in Blickweiler und Eschweiler-Hof (von 120 bis 160). Diese Werkstätten exportieren ihre Ware in den Norden des Reiches zum Limes, bis nach Großbritannien.

Aus dem Mittelalter sind keine großen Produktionszentren bekannt; erst im 18. Jahrhundert erscheinen wichtige Unternehmen. Töpfer aus dem Westerwald lassen sich in der Nähe von Saarbrücken in der Gemeinde Gersweiler nieder. Eine Kolonie bildet sich, und der Bezirk, in dem sie sich niederlassen, heißt von da an Krughütte. Sie liefern einer regionalen Kundschaft Haushaltsobjekte aus blauem Steinzeug mit Salzglasur.

Die Porzellanmanufaktur
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begünstigt Prinz Wilhelm-Heinrich von Nassau-Saarbrücken - wie andere in vielen Regionen Deutschlands - die Niederlassung einer Porzellanmanufaktur.

1763 gibt er die Entwicklung der Porzellanherstellung in die Hände von Dominique Pellevé, der sich in Ottweiler niederlässt. Nach nur wenigen Jahren geht Pellevé weg, weil er das Vertrauen des Prinzen verlor. Am 13. April 1769 wird die Manufaktur an René-François Joly aus Nancy und Nicolas Leclerc aus Dieuze verpachtet.

Sie produziert Objekte von hoher Qualität, verziert mit gemalten Blumen oder Landschaften nach den Geschmäckern der deutschen Manufakturen. Im Laufe der Zeit stellen sich Schwierigkeiten ein, und der Pfeifenton ersetzt nach und nach das Steingut, bis zur Schließung des Unternehmens 1800.

Die Steinkohlevorkommen sind für das Saarland von großem Vorteil. Ottweiler ist eine der ersten Porzellanmanufakturen, die mit Kohlefeuerung experimentiert. Als 1791 die Besitzer der Manufaktur Frauenberg in der Nähe von Saargemünd sich entschließen ihre Manufaktur umzusiedeln, sind es die Steinkohlevorkommen, die sie dazu bringen, sich in Wallerfangen niederzulassen.

Terrine aus glasiertem Pfeifenton, Ende des 18. Jh., Porzellanmanufaktur Ottweiler, coll. Saarlandmuseum
Foto: © Christian Thévenin

Musterteller, Anfang 19. Jh., Faïencerie Wallerfangen, coll. Keramikmuseum Mettlach
Foto: © Christian Kahnke

Genauso entscheidet Jean-François Boch, der mit seiner Familie die Manufaktur in Septfontaines in Luxemburg leitet, ein Unternehmen zu gründen, das näher an den Steinkohlevorkommen liegt. Er wählt hierzu die Abtei Mettlach. Um der regionalen und internationalen Konkurrenz standhalten zu können, entscheiden die beiden Unternehmen, sich zusammenzuschließen und 1836 die Gesellschaft Villeroy et Boch zu gründen.

Für ihre Herstellung von Feinsteingut, Steinzeug und dann von Porzellan verwenden beide Fabriken die Steinkohleressourcen nach Art der englischen Fabriken, deren Funktionieren die saarländischen Hersteller bei mehreren Reisen genauestens studiert haben.

Der Erfolg dieser beiden Unternehmen stimuliert Initiativen anderer Industrieller und vor allem derer, die in der Nähe von Saarbrücken Konzessionen oder günstige Tarife der Kohlebergwerke erhalten haben. Am 5. September 1836 schließen sich Louis Guillaume Dryander, ehemaliger kaufmännischer Leiter von Mettlach und Besitzer der Steingutfabrik in Niderviller und sein Bruder Louis Frédéric mit Johann-Heinrich Schmidt, Bergmeister in Saarbrücken, zusammen, um eine Keramikmanufaktur in Saarbrücken zu gründen. Der Firmenname lautet „Dryander, Schmidt et Cie“.

1845 beschließen Johann-Heinrich Schmidt und sein Sohn Wilhelm die Glashütte Sophienthal in Gersweiler in eine Steingutfabrik umzuwandeln. Nach dem Tod von Johann-Heinrich Schmidt 1858 verkaufen seine Kinder ihre Anteile an der Fabrik von Saarbrücken und investieren in Gersweiler.

Dieser kleinen Steingutfabrik gelingt es, sich bis 1901 zu halten, in einem schwierigen Umfeld, der starken Konkurrenz von Saargemünd, Wallerfangen und Mettlach ausgesetzt. Die Manufaktur in Saarbrücken, geleitet von der Familie Dryander, hatte ihrerseits 1886 schließen müssen.

Die Manufaktur von Mettlach ist ab 1860 an das deutsche Eisenbahnnetz angebunden, da sie sich auf der Linie befindet, die Saarbrücken mit Trier verbindet. Vaudrevange (Wallerfangen) hat diesen Vorteil nicht und verzeichnet deshalb am Ende des Jahrhunderts eine weniger starke Entwicklung. 1856 gründet Wilhelm Tell von Fellenberg aus der Schweiz in Merzig eine Fabrik für Keramikrohre. Das Unternehmen wird 1879 von seinem Schwager Eugen Boch übernommen, der die Fabrik umwandelt und auf die Herstellung von Keramik für die Architektur ausrichtet. In Merzig werden nun Bodenfliesen hergestellt.

Steingutfabrik Schmidt in Gersweiler, um 1900
Quelle: Pressglas-Korrespondenz
external link
 
 

Der Firmensitz von Villeroy und Boch in Mettlach
Foto: © GR-Atlas

Während des Krieges 1914-1918 funktionieren die saarländischen Manufakturen auf Sparflamme. 1919 werden sie im Rahmen des Mandats des Völkerbundes an das französische Wirtschaftsgebiet angeschlossen und verbleiben hier bis zur Volksabstimmung von 1935.

Die Wirtschaftskrise verschlimmert die Lage einiger Standorte wie beispielsweise Wallerfangen. Die Leiter von Villeroy et Boch ziehen es vor, die Fabrik 1931 zu schließen.

Mettlach hingegen setzt seine wirtschaftliche Entwicklung fort, doch der Zweite Weltkrieg bringt eine erneute Herausforderung. Die Produktion wird sehr stark gestört, doch nach 1945 erreichen die Verkaufszahlen die Höhe der Vorkriegszeit.

Das Unternehmen entwickelt sich im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zu einer der renommiertesten Manufakturen Europas, deren Markt sich auf die Vereinigten Staaten und Japan ausweitet.

Es hat ein Netz von Verkaufspunkten und Fabriken in der ganzen Welt geschaffen. Seine Leistungen im Bereich von Innovation und Designs sind anerkannt.

 
- Top -

Quellen


Catalogue Amsterdam, Rijksmuseum, 1977/1978 : Villeroy et Boch 1748-1930, Deux siècles de production céramique, 203 p.

Catalogue de l’exposition à Manderen 2003 : Entre Moselle et Sarre, l’aventure céramique de Villeroy et Boch, 1748-2003, éditions Serpenoise/ Conseil Général de la Moselle, 110 p.

Fritsch, Thomas 2007 : Le Néolithique de la Sarre. Etat de la question. Dans : Archeologia Mosellana. Actes du 26e colloque interrégional sur le Néolithique. Luxembourg, 8 et 9 novembre 2003, Luxembourg, p. 39 à 51.

Gilles, Karl-Joseph 1994 : Atelier de céramique du Bas-Empire dans la vallée de la Moselle et l’Eifel. Dans : La céramique du Bas –Empire en Gaule Belgique et dans les régions voisines, Actes de la table ronde de céramologie gallo-romaine, Arras, 8-10 octobre 1991, Lille, p.117 à 125

Knorr, R. & Sprater, F. 1927 : Die westpfälzischen Sigillata-Töpfereien von Blickweiler und Eschweiler Hof, Speyer

Körbel, Markus 2001 : Geschichte und Erzeugnisse der Gersweiler Steingutfabrik – Ein Überblick. Dans : Glas und Ton fûr Kunst und Lohn – Ein kulturgeschichtlicher Überblick von Saarbrücken bis Völklingen und Warndt., Saarbrücken-Völkligen, 2001, 300 pages, p. 41 à 52

Meyer, Gertrud 2001 : Die Steingutfabrik Martin Diesinger, ein kurzlebiges Unternhmen in Rockerhausen, auch Louisenthal gennant. Dans : Glas und Ton Kunst und Lohn. Ein kulturgeschichtlicher Überblick von Saarbrücken bis Völklingen und Warndt. Saarbrucken-Völklingen, 2001, 300 p., p. 73 à 84

Sprater, F. 1912 : Eschweiler-Hof bei St. Ingbert. Dans : Römisch-Germanisches Korrespondenzblatt, 1912, p. 78.

Trepesch, Cristof 2001 : Steinzeug aus Krughütte - Spurensuche. Dans : Glas und Ton für Kunst und Lohn, Saarbrücken-Völkingen, 2001, p. 97 à 105.

Scharwarth, Günther 1999 : Gersweiler Porzellan, in Miniaturen zur Kunst- und Kulturgeschichte der Saarregion, Saarbrucken, p. 35 à 38.

Thomas, T. 1993 : Carreaux de Mettlach - 1869-1914, Reflets d’une cinquantaine d’années d’histoire. Dans : Actes du colloque de Beauvais, 1993, p. 159-168.

Thomas, T., Rôle des Boch dans la céramique des 18e et 19e siècles, Inst. Sup. d’Histoire de l’Art et d’Archéologie université de Liège - Thèse de Doctorat, Sarrebruck, 1974, 310 p.

Ulrich, B., Die Reise im Spiegel der Kupferdruckgeschirre der Fa. Villeroy and Boch, Mettlach, 2 vol., (Tome 1 : Textband, 113 p. - Tome 2 : Katalog Tafelband, 53 p. et 40 pl.), Marburg, 1989, Magisterarbeit im Fach Kunstgeschichte.

Villeroy et Boch 1998 : 250 ans d’histoire industrielle en Europe 1748-1998, Mettlach, 192 p.

- Top -

Externe Links


Villeroy & Boch external link

 - Top -

 

FaLang translation system by Faboba