Rhld.-Pfalz

Die Keramikerzeugung in Rheinland-Pfalz

 

Emile Decker

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Die Ursprünge
Gebrannter Ton taucht in dieser Region am Ende des Mesolithikums auf. Wahrscheinlich verwendeten einige Menschengruppen bereits Mitte des 5. Jahrtausends, vor dem Aufkommen der neolithischen Zivilisation, Töpfe aus gebranntem Ton.

Diese Keramik ist uns auf Grund von Ausgrabungen bekannt. Die Gefäße sind durch ihre Technik, Formen und Verzierungstechniken sehr charakteristisch. Man bezeichnet diese Art der Keramik als „La Hoguette“, nach der gleichnamigen Stätte in der Normandie (Frankreich).

Doch der gebrannte Ton verbreitet sich erst wirklich allgemein mit dem Eintreffen von kulturellen Gruppen von der Donau her. Diese überqueren den Rhein und bringen die sogenannte Bandkeramik bereits um 5 500 vor unserer Zeit mit.

Sie verbreiten sich in mehreren Regionen, in der von Mainz, in der Nähe von Worms, und wenden sich auch nach Süden. So erfährt der Unterlauf der Mosel und das Rheintal eine relativ dichte Besiedlung.

Karte: Keramikerzeugung

 

Keramikerzeugung

Emile Decker, Musée de Sarreguemines

Mehrere Kulturen lösen sich während der Zeit im Laufe des Neolithikums ab; sie heißen Grosgartach, Roessen, Michelsberg, Schnurkeramik und Glockenbecherkultur. Während der Metallzeitalter oder Frühgeschichte gibt es in der Keramikherstellung dieser Region keine größeren technischen Revolutionen, doch die Verzierungen und Formen entwickeln sich weiter, und ihre Untersuchung ermöglicht eine oft ziemlich präzise Datierung.

Mosaikfußboden mit dem Läufer "Polydus", Trier, Mitte des 3. Jh.
Foto: Th. Zühmer,
© cc Rheinisches Landesmuseum Trier

Römische Periode
In der römischen Epoche ist die Keramik sehr vielseitig. Sie wird verwendet um Behältnisse zur Aufbewahrung herzustellen (große Gefäße und Amphoren), doch auch für die Mahlzeiten. Die Keramik fließt auch in die Architektur mit ein: Ziegel, Dachziegel, Ziegelstapel für Hypokausten.

In den meisten Siedlungen wird gewöhnliche Keramik hergestellt, und diese Produktion ist hauptsächlich für einen lokalen Markt gedacht. Doch einige Werkstätten haben einen gewissen Erfolg, wie die von Mayen in der Nähe von Koblenz. Man hat dort die Überreste von 27 Offizinen und zwei Ziegelbrennereien aus dem 2. bis 4. Jahrhundert entdeckt.

Man stellte dort kalkfarbene Gebrauchskeramik mit unpolierter Oberfläche her. Neben dieser gewöhnlichen Keramik produzieren einige Zentren Terra Sigillata, wie in Rheinzabern (Rhenanae Tabernae) wo sich die Aktivität vor allem in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts entwickelt.

In Eschweiler-Hof, einer Gemeinde in der Nähe der Stadt Neunkirchen, sind die Werkstätten zwischen 120 und 160 sehr aktiv. In der Stadt Trier arbeiten Werkstätten bis etwa 270.

Es scheint, dass die Ereignisse um 260-275 einen Einfluss auf die Keramikherstellung in diesem Bereich des römischen Reichs hatten. Die Unruhen und die darauf folgende Krise führen zur Schließung der meisten Werkstätten von Terra Sigillata und feiner Keramik.

Im 4. Jahrhundert stellt man in dieser Region nur noch eine dickere Keramik her mit schweren Formen und einer unpolierten Oberfläche. Die repräsentativsten Werkstätten dieser Periode befinden sich in Mayen, Karden, Trèves und Speicher. Sie führen die Tradition einfacher Töpferware fort, die im Becken von Neuwied die Werkstätten von Urmitz-Weissenthurm in der Nähe von Koblenz bis um 260 geschaffen hatten.

Die Töpferei des Mittelalters
Im Hochmittelalter wird gebrannter Ton vor allem für Küchengeschirr verwendet. Gut erhaltene Exemplare entdeckt man bei den Ausgrabungen von Merowinger- und Karolingergräbern.

Zwischen dem 10. und 15. Jahrhundert wird seine Verwendung wieder zunehmend wichtiger im Bereich der Architektur, aber auch im Bereich der Beheizung, mit dem Aufkommen von Öfen in Klöstern, Schlössern und sogar in den Häusern des Bürgertums.

Ab dem 13. Jahrhundert taucht in einigen Regionen des Rheins die Produktion von Steinzeug auf. Diese bei hohen Temperaturen (ungefähr 1 200°) gebrannte Keramik konnte von der Entwicklung des liegenden Töpferofens profitieren, der das Brennen bei höheren Temperaturen ermöglicht. Seine Verwendung gilt vor allem der Gebrauchskeramik: Krüge und Becher.

Um 1200 lebt in Speicher und Umgebung die Massenherstellung von Töpferei wieder auf. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Keramikarten, gebrannter Ton, Proto-Steinzeug und Steinzeug, die Objekte sind entweder grau-braun beim Reduktionsbrand oder rot beim Oxidationsbrand. Ab dem 14. Jahrhundert findet man Versuche von Glasuren mit Salz und im 16. Jahrhundert Bemalungen mit Kobalt.

Mineralwasserkrüge, 19. Jh., Turmmuseum Mengerskirchen, cc Volker Thies

Das Steinzeug aus dem Westerwald
Die Westerwald-Region, auf einem der vier rheinländischen Schiefergebirge zwischen Sieg im Norden und Lahn im Süden gelegen, zeichnet sich zur gleichen Zeit durch den Abbau seiner Vorkommen von plastischen weißen Lehmarten aus. Man nennt diese Region „Kannebäckerland“.

"Rheinischer Dippewage", Ferdinand Lindner
Quelle :
Heimatmuseum Hillscheidt external link

Die spektakuläre Entwicklung der Tonverarbeitung scheint Töpfern zu verdanken zu sein, die aus Siegburg und Raeren kamen. Der Rohstoff wird in den Gemeinden Höhr-Grenzhausen, Hilgert, Ransbach-Baumbach und Vallendar abgebaut. Er dient dazu, rheinländisches, mit Salz glasiertes Steinzeug herzustellen, das während der gesamten modernen Zeit kobaltblau verziert wird.

Die Objekte, die nun in großer Zahl europaweit verbreitet werden, werden am Ende des 17. Jahrhunderts den englischen Handwerkern als Modelle dienen bei der Entwicklung des weißen Steinzeugs, vor der Erfindung des feinen Steinguts. Im 18. Jahrhundert stellen die zahlreichen Unternehmen einfaches, bläuliches Geschirr für den Haushalt her, sowie Mineralwasserflaschen für die verschiedenen Quellen der Region. 1771 zählt diese Region ungefähr 600 Töpfer.

Die Region Westerwald zeichnet sich auch aus durch die Herstellung von Pfeifen aus gebranntem Ton. Sie entwickelt sich ab dem 18. Jahrhundert und verbreitet sich sehr stark in der Gegend. Bendorf Vallendar, Grenzhausen, Hilgert und Höhr sind die Gemeinden, in denen Pfeifen hergestellt werden.

Die Porzellanmanufakturen
Im 18. Jahrhundert entstehen in Rheinland-Pfalz mehrere Unternehmen, die die Fürstenhöfe mit Porzellan beliefern. 1755 gründet Paul Hannong eine Manufaktur in Frankenthal, ausgestattet mit einem Privileg von Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz.

Diese gerät trotz der wechselnden Direktoren, die sie im Laufe der Zeit führen, in Schwierigkeiten. Die hergestellten Objekte sind luxuriös und weisen sehr feine Verzierungen auf. Kleine Statuen machen unter anderem den guten Ruf des Unternehmens aus, das unter der französischen Besetzung während der Revolution verschwindet.

Der Kurfürst von Trier, Johann Philipp von Walderdorf, nimmt die Vorschläge eines Franzosen namens Pyrison und eines Deutschen namens Stadelmayer an und gründet 1757 eine Porzellanmanufaktur in Schönbornlust in der Nähe von Koblenz. Das Unternehmen arbeitet nur bis 1759.

Im Fürstentum Zweibrücken eröffnet Herzog Christian IV. 1767 eine Manufaktur in Gutenbrunn, die später nach Zweibrücken verlagert wird.

Die Lebensdauer des Unternehmens ist begrenzt. Nach dem Tod von Christian IV. übergibt sein Nachfolger es einem Privatunternehmer, der es in die Nähe von Dietrichingen verlagert und die Produktion kurze Zeit später aufgibt.

Eine dritte Manufaktur entsteht 1808 in Trier, gegründet von einem Franzosen, der ein Porzellanunternehmen in Paris besaß. Er schließt sich mit Händlern zusammen, doch die Unternehmer geraten in Schwierigkeiten. Nach einem Besitzerwechsel stellt die Manufaktur die Produktion 1821 ein.

Die drei Porzellanmanufakturen der Region sind nur von kurzer Dauer, trotz der Qualität ihrer Produkte. Es scheint, dass der Markt für Luxusgüter zu dieser Zeit noch zu begrenzt ist und die Vermarktungswege noch zu unsicher.

Töpfe aus salzglasiertem Steinzeug
Foto:
cc Glem Rutter
 

Die Industrialisierung der Steingutherstellung
Im 18. Jahrhundert sind die Anfänge des Feinsteinguts schwierig. Man weiß von der Entstehung eines Unternehmens 1777 in Ixheim nahe Alzey durch den Keramiker Sébastien Marx. Die Familie Windschügel gründet eine Betriebsstätte in Bubbenhausen. Dennoch sind nicht alle Versuche zum Scheitern verurteilt.

Im Laufe des Jahres 1801 verlässt Jean Nepomuk van Recum, ein Manufakturist, der 1795 die Manufaktur von Frankenthal übernommen hatte, die Stadt mitsamt seinen Arbeitern, den Formen und dem Material. In Grünstadt mietet er von den französischen Behörden die Nebengebäude von Schloss Leiningen, das unter Zwangsverwaltung steht, und richtet dort eine Steingutfabrik ein. Ab den 1830er Jahren stellt sie Dessertteller mit Dekoraufdrucken von deutschen Landschaften her und auch Tonpfeifen. 

Deckelterrine aus Porzellan, deutsches Blumendekor, Manufaktur Zweibrucken, um 1770, coll. und © Foto: Stadtmuseum Zweibrücken

Die Fabrik profitiert von der Eröffnung der Eisenbahnstrecke Monsheim-Grünstadt-Bad Dürkheim 1873, die für sie einen wichtigen Entwicklungsfaktor darstellt. In den Jahren 1880-1890 modernisiert sich das Unternehmen, man baut neue Öfen und installiert eine leistungsstarke Dampfmaschine. Das Unternehmen beschäftigt 90 Personen.

Der Krieg von 1914-1918 und die Wirtschaftkrisen der 1920er Jahre bremsen die Keramikindustrie in Rheinland-Pfalz. In Grünstadt werden für das Art-déco-Tafelgeschirr größtenteils Schablonen- und Spritzgraftechniken angewandt. Trotz der Wirtschaftkrise in Deutschland zwischen den zwei Kriegen hält sich das Unternehmen und stellt seine Produktion erst 1980 ein.

Im Westerwald ist Ende des 20. Jahrhunderts eine Diversifizierung und eine Spezialisierung in der Herstellung der Keramik zu beobachten. Die Herstellung von Haushaltsobjekten folgt in der Region einer langen Tradition, doch es entwickelt sich eine Produktion von Materialien in Verbindung mit der Architektur (Ziegelsteine, Fliesen, Wasserrohre, sanitäre Einrichtungen).

Schließlich spezialisieren sich Unternehmen in jüngerer Zeit auf die sogenannte technische Keramik: Zahnporzellan, Prothesen, Wärmeschutzziegel.

 
 

Quellen


Catalogue Frankenthal 2005 : Erkenbert-Museum Frankenthal. Die Kunst Porcelain zu machen. Frankenthaler Porzellan 1755-1800, 20 mai-18 septembre 2007, Frankenthal, 202 p.

Catalogue Höhr-Grenzhausen, Keramikmuseum Westerwald, Höhr-Grenzhausen 1986 : Reinhold und August Hanke, Westerwälder Steinzeug. Historismus-Jugendstil, Höhr-Grenzhausen, 198 p.

Catalogue de l’exposition, Trier 2000 : Trierer Porzellan, sous la direction d’Elisabeth Dühr, Städtisches Museum Simeonstift Trier, 232 p.

Fölzer, E. 1913 : Die Bilderschüsseln der ostgallischen Sigillata-Manufakturen Römische Keramik in Trier 1, Bonn

Gilles, Karl-Joseph 1994 : Atelier de céramique du Bas-Empire dans la vallée de la Moselle et l’Eifel. Dans : La céramique du Bas-Empire en Gaule Belgique et dans les régions voisines, Actes de la table ronde de céramologie gallo-romaine, Arras, 8-10 octobre 1991, Lille, p. 117 à 125

Huld-Zetche, Ingeborg 1986 : Premiers fabricants trévires de sigillée ornée et leur relation avec d’autres ateliers. Dans : La terre sigillée gallo-romaine, DAF n°6, Paris, p.251 à 256

Hüseler, Konrad 1956 : Deutsche Fayencen, 3 vol, Stuttgart

Kerkhoff-Hoff, Bärbel 2008 : Keramikproduktion 1600-2000, dans : Geschichtlicher Atlas der Rheinlande , XI/13, 2008, Bonn

Kratz, Edwin & Wilhelm, Horst 1985 : Dokumentation zur Austellung 180 Jahre Steingutfabrik Grünstadt, Grünstadt, 70 p.

Seewaldt, Peter 1990 : Rheinisches Steinzeug, Trèves, 170 p.

Externe Links


Keramikmuseum Westerwald external link