Kyoto-Protokoll
Der Tanktourismus und Luxemburgs Verpflichtungen im Kyoto-Protokoll
Daniel Ullrich
Quellen | Links |
Das Anfang 1997 beschlossene Kyoto-Protokoll als Zusatzprotokoll der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen trat am 16. Februar 2005 in Kraft. Erstmals wurden damals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern festgelegt, welche die hauptsächliche Ursache der anthropogen bedingten globalen Erwärmung darstellen. Im Kyoto-Protokoll verpflichteten sich die Industrienationen, ihre Emissionen von sechs Treibhausgasen (Kohlenstoffdioxid, Lachgas, Methan, teil- und vollfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid) in der sogenannten ersten Verpflichtungsperiode von 2008 bis 2012 um mindestens 5% gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 zu reduzieren. Auch Luxemburg steht auf der Unterzeichnerliste des Abkommens. Wenngleich in den letzten Jahren v.a. im Bereich der Eisenindustrie bei der Emissionsreduktion gute Erfolge zu verzeichnen waren, gilt Luxemburg dennoch mit einem Pro-Kopf-Ausstoß von 24,7 t (2007), davon rund 55% verkehrsbedingt, als eines der Länder mit den höchsten CO2-Emissionen überhaupt. |
|
Nach IPCC-Regeln (Intergovernmental Panel on Climate Change , "Weltklimarat") wird das aus mobilen Quellen stammende CO2 jeweils auf dem Klimakonto des Staates verbucht, in dem getankt wurde. Der durch den Tankverkehr – also den Transitverkehr, den Berufspendlerverkehr und den Tanktourismus mit eingeschlossen – erzeugte Absatz an Kraftstoffen belastet dementsprechend das luxemburgische Klimakonto. Analog dazu werden die Klimakonten der Herkunftsländer der Tankenden entlastet. |
|
In den Jahren 1990 bis 2005 haben parallel zum wachsenden Umsatz der Tankstellen auch die CO2-Emissionen Luxemburgs, die dem Absatz von Benzin und Diesel zuzurechnen sind, um das Zweieinhalbfache zugenommen. Angesichts dieser Tatsache steht der für das Steueraufkommen Luxemburgs so bedeutsame Treibstoffabsatz in Konflikt mit den Bemühungen des Großherzogtums, die Erfüllung seiner im Kyoto-Protokoll festgesetzten Verpflichtungen wahrzunehmen. Um diesem Dilemma zu entkommen, will die luxemburger Regierung zunächst bis 2012 durch die Beteiligung an emissionssenkenden Projekten in Entwicklungs- und Schwellenländern bzw. Investitionen in Klimafonds für jährlich 4,73 Mio. t CO2-Emissionszertifikate erwerben. Der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls sieht vor, dass die auf diese Weise andernorts erreichten Emissionssenkungen mit den Emissionsüberschüssen des Ankäufers der Zertifikate verrechnet werden können. Für den Ankauf der Emissionszertifikate entstehen Kosten in Höhe von jährlich etwa 250 Mio. €, die die staatlichen Einnahmen aus dem Tanktourismus in Höhe von knapp 750 Mio. € (2010) um ein Drittel vermindern. |
Abgesehen von diesen bilanztechnischen Aspekten, die ja lediglich die Zuordnung der Treibhausgasemissionen betreffen, verursacht jeder Autofahrer, der nur wegen des Tankens nach Luxemburg fährt oder deswegen Umwege in Kauf nimmt, zusätzliche reale Emissionen, die ohne Nutzeneinbuße vermeidbar wären, wenn nicht derart verlockende Preisdifferenzen bestünden. |
Bouché, G 2009: Minus 300% bis 2050. In: Forum Nr. 283 (Feb. 2009), S.5-7. Luxemburg
Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)
IPCC: Kyoto-Protocol (20.07.2009)
Umweltbundesamt: Kyoto-Protokoll (25.05.2008)