Lothringen
Glas- und Kristallerzeugung in Lothringen
Eva Mendgen
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Seit dem 14. Jahrhundert sind Glasmacher in Lothringen im Forêt de Darney im heutigen Département Vosges und in den Wäldern im Tal der Biesme in den Argonnen zuhause. Sie brachten ihr Savoir-faire vermutlich aus Böhmen mit, angelockt von den Privilegien, die ihnen die Herzöge von Lothringen gewährten. Diese sind in der "Charte des Verriers" festgehalten, die 1369 durch Herzog Jean bewilligt und 1448 sowie 1469 durch seine Nachfolger bestätigt wurde. In dieser Urkunde ist unter anderem die Befreiung von der Leibeigenschaft garantiert, damit hatten die Glasmacher als "Gentilshommes verriers" den Status von Adligen inne. Die Kunst des Glasmachens wurde stets nur vom Vater an den Sohn weiter gegeben, so dass sie in den Familien blieb, es entstanden regelrechte "Glasmacherdynastien". |
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Kopie eines Kronleuchters für den König von Nepal; Museum La Grande Place, St. Louis-lès-Bitche http://gr-atlas.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/gl103/lo110#sigProIdd001cb0939 Quelle: © die argelola regiofactum |
Die Kunst Glas zu machen breitete sich über ganz Lothringen aus, es gab und gibt Glas- und Kristallglasfabriken in allen lothringischen Départements - Vosges, Meuse (Argonnen), Meurthe-et-Moselle und Moselle (Pays de Sarrebourg, Pays de Bitche). Die Glashütten Lothringens waren – und sind – trotz (oder wegen?) der brisanten geopolitischen Lage besonders erfolgreich. Ihre erste Blütephase dauerte bis zum 30jährigen Krieg, die zweite begann mit der Neuansiedlung von Glasmachern im 18. Jahrhundert, begleitet von den Fördermaßnahmen der jeweils Herrschenden: Bis 1766 genehmigten die Herzöge und Bischöfe von Lothringen die Glashütten, danach der französische König, dann Napoleon und schließlich Wilhelm I. und Wilhelm II. |
Mit dem Ende des 1. Weltkriegs ist auch der Höhepunkt der Glasindustrie Lothringens überschritten, und nach dem 2. Weltkrieg setzte mit ihrer Mechanisierung der Niedergang der kleinen und mittelgroßen Manufakturen ein. Tausende qualifizierter Glasmacher wechselten in andere Industrien, wo schichtgewohnte, möglichst zweisprachige Industriearbeiter gesucht wurden. Dies war zum Beispiel im Saarland der Fall, wo sich große Unternehmen französischer Herkunft angesiedelt hatten (z.B. Michelin in Homburg). Zu Beginn des 21. Jahrhunderts scheint es so, als würden die Karten noch einmal neu gemischt, die Besitzverhältnisse in Baccarat und bei der Cristallerie Daum in Nancy änderten sich, die traditionsreiche Glashütte in Goetzenbruck sah sich 2007 zur Aufgabe gezwungen. |
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Buntglasfenster, Meisenthal http://gr-atlas.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/gl103/lo110#sigProId897da51c48 Quelle: Maison du verre et du cristal, Meisenthal |
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Gute Hotels boten den von weither angereisten Händlern und Kunden im heute 770 Einwohner zählenden Örtchen Meisenthal Unterkunfthttp://gr-atlas.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/gl103/lo110#sigProIde600c47e39 Quelle: © die argelola regiofactum |
Abgesehen davon wird das Glasmachen in Lothringen auch heute noch als ein edles, traditionsreiches Handwerk betrieben, nicht von ungefähr wirken hier überproportional viele "beste Arbeiter Frankreichs", "MOFs" (Meilleur Ouvriers de France). Die Glaskunst gehört heute zum "Patrimoine", zum nationalen Kulturerbe Frankreichs. Ihre Geschichte genießt seit 1999, der in Nancy mit großem Aufwand zelebrierten "Année de l'Art Nouveau", wachsende Aufmerksamkeit. 2007 eröffnete das neue Glasmuseum in der Cristallerie in Saint-Louis-les-Bitche, im selben Jahr war Lothringen mit Luxemburg und der Großregion Kulturhauptstadt Europas – ein Ereignis, das bislang allerdings ohne Folgen für die grenzübergreifende Erforschung des Glases und seiner Geschichte geblieben ist, auch wenn 2007 mehrere Ausstellungen zum Thema Glas in der Region stattgefunden haben. |
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