Ballons des Vosges

Naturpark Ballons des Vosges

Michel Deshaies

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Der 1989 gegründete Naturpark Ballons des Vosges external link ist der größte der französischen Regional-Naturparks mit einer Oberfläche von 2 915 km² über drei Regionen hinweg: Lothringen, Elsass und Franche-Comté.

Er erstreckt sich über die Gesamtheit der Hochvogesen, vom Tal von Sainte-Marie-aux-Mines im Norden bis hin zu den Toren von Belfort und Luxeuil im Süden.

Er umfasst also die gesamte Kammlinie sowie die östlichen Abhänge zum Elsass einschließlich der Hügel des „Pays sous-vosgien“, des Vogesenvorlandes, am Fuße der Vogesen und das Weinbaugebiet von Saint-Hippolyte bis nach Cernay.

Auf der lothringischen Seite erstreckt sich der Park über den höchstgelegenen Teil (über 800 m auf den Höhen zwischen den Flusstälern) der kristallinen Gesteinsmassive, die man als einzige als echtes „Gebirge“ bezeichnen kann.


Karte: Naturparks

Parcs naturels

Michel Deshaies, Université de Nancy 2

Bevölkerung
Der Naturpark erstreckt sich über drei administrative Regionen und umfasst 208 Gemeinden, wovon einige sehr groß sind, und ist damit der am dichtesten bevölkerte französische Regional-Naturpark. Mit 270 617 Einwohnern bei der letzten Zählung hat der Park eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 93 Einwohner/ km².

Diese ist besonders hoch für ein Gebiet im Mittelgebirge, vor allem in einem Land wie Frankreich, wo viele Berggegenden verlassen sind. Grund für diese hohe Bevölkerungsdichte ist die sehr starke Einwohnerzahl im elsässischen Weinbaugebiet, welches innerhalb des Parks liegt, aber auch die dichte Besiedlung der großen Täler des Massivs, in denen es im Laufe des 19. Jahrhunderts eine starke Industrialisierung gab.

Die Täler der Mosel und ihres Nebenflusses, der Moselotte, ebenso wie die elsässischen Täler der Thur, Lauch oder Fecht wurden im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zu regelrechten Bändern von Textilfabriken, die den Ursprung der Bevölkerungskonzentrationen in diesen Tälern bildeten.

 Parc naturel des Ballons des Vosges

Der lothringische Teil des Parks (47 Gemeinden), auf den sich der vorliegende Text beschränkt, erstreckt sich über 992 km², mit einer Bevölkerung von 66 406 Einwohnern im Jahr 2006, was einer durchschnittlichen Dichte von 67 Einw./km² entspricht, die somit deutlich unter dem Durchschnitt des gesamten Parks liegt.

Diese Bevölkerungsdichte ist dennoch außergewöhnlich hoch, wenn man berücksichtigt, dass sehr weitläufige Gebiete aufgrund der allzu ungünstigen klimatischen Bedingungen überhaupt nicht bevölkert sind. Dies betrifft vor allem die über 1 000 m hoch gelegenen Gebiete.

Daraus ergibt sich, dass sich die gesamte Besiedlung der Vogesen durch sehr starke Gegensätze zwischen den großen, dicht bevölkerten Tälern und den menschenleeren Höhen auszeichnet, die je nach klimatischen Bedingungen von Wäldern oder Heideflächen bedeckt sind.

Eine beachtliche Besiedlung verteilt sich auch auf einzelne Bauernhöfe an den gut besonnten Südhängen. Sie findet sich vor allem auf den Höhen zwischen den Tälern der Moselotte und der Cleurie, wo auch das höchstgelegene Dorf der Vogesen liegt, Le Haut du Tôt, auf 830 m Höhe.

Dessen späte Entstehung (16. Jahrhundert) ist jedoch ungewöhnlich, denn die anderen höher gelegenen Dörfer wie Le Valtin und Liézey liegen beträchtlich tiefer, auf 765 und 750 m Höhe.

Die abgelegenen Bauernhöfe hingegen können wesentlich höher liegen, auf bis zu über 980 m Höhe, ganz zu schweigen von den „marcairies“ (vgl. dt.: Almhütten) der „hautes chaumes“ (vgl. dt. Heiden, Hochweiden), etwa dem Bauernhof von Schmargult auf 1 200 m Höhe.

Die Landschaften
Die Landschaften des lothringischen Teils des Parks sind die eines aus kristallinem Gestein bestehenden Mittelgebirges, stark geprägt von Gletschern und der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts. Die Prägung durch die Gletscher, welche die Hochvogesen während der letzten Eiszeit (115 000 bis 10 000 vor unserer Zeitrechnung) geformt haben, erklärt die beachtliche Weite der Haupttäler der Mosel und ihres Nebenflusses, der Moselotte.

Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts ist der Grund für die hohe Besiedlung und für deren Konzentration in den Tälern, wohingegen bei der Erschließung durch die traditionelle Landwirtschaft die günstig gelegenen Hänge weitgehend besiedelt waren, wie es auch heute noch in einem guten Teil des Gebirges die an diesen Talseiten verstreuten Gehöfte zeigen

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hatten der industrielle Niedergang und der massive Rückgang der Landwirtschaft unterschiedliche Wirkungen auf die Entwicklung der Landschaften. Am frappierendsten ist der Rückgang der Landwirtschaft, der eine starke Zunahme der Wälder mit sich brachte, welche einen Großteil der Talhänge zurückerobert haben oder es immer noch tun; mit dem Resultat, dass die Landschaft „sich schließt“.

Der industrielle Niedergang hat die Schließung der meisten Textilfabriken mit sich gebracht, von denen oft noch die Gebäude mehr oder weniger gut erhalten sind. Doch einige alte Fabriken wurden auch zerstört.

Der Vogesenkamm am Gazon du Faing
Foto: © M. Deshaies

Abhängig von den unterschiedlichen Formen der Landschaftsprägung durch die Gletscher, dem ungleich starken Einfluss der Industrialisierung und den Folgen der Abnahme landwirtschaftlicher Aktivitäten kann man mindestens sechs typische Landschaftsformen im lothringischen Teil des Parks unterscheiden:

Die berühmteste, emblematische Landschaft des Naturparks ist ohne Zweifel die der Kammlinie.

Sie spiegelt den Gesamtaufbau des Massivs wider, mit einer weiten, nach Westen hin geneigten Gipfelfläche, die im Kontrast steht zu dem Steilabfall zur elsässischen Seite. Dieser Kontrast ist besonders atemberaubend am Hohneck (1 363 m) und am „Gazon du Faing“ (1 306 m), den touristischen Hauptsehenswürdigkeiten des Massivs.

Die Gipfelfläche auf mehr als 1 150 m Höhe ist eine mit Rasen oder Heidekrautgewächsen überzogene Heidelandschaft, genannt „hautes chaumes“, zum Teil natürlich gewachsen, zum Teil vom Menschen geformt durch die traditionelle Nutzung dieser Flächen als Sommerweide. Die bis zu den Kopfenden elsässischer Täler abfallenden Felswände entsprechen den Wänden eiszeitlicher Kare.

Der See von Gérardmer im Wintereis
Foto: © M. Deshaies

Die hochgelegenen Waldflächen bedecken fast zwei Drittel der Oberfläche des Parks und bilden damit ohne Zweifel die am meisten verbreitete Landschaft. Unterhalb der Kammlinie sind alle Hochflächen und die ungünstig orientierten Hänge mit Wäldern bedeckt, unterschiedlich in ihrer Zusammensetzung, die abhängig ist von der Höhenlage und den Eingriffen des Forsts.

Häufigste Waldform zwischen 500 und 1 000 m Höhe ist der mit Tannen durchsetzte Buchenwald, der jedoch an manchen Orten den Fichten weicht, die lange Zeit von der Forstwirtschaft bevorzugt wurden. Über 1 100 m bleiben nur die Buchen übrig, die allerdings immer kleiner und knorriger werden, ehe auch sie den Heideflächen den Platz überlassen.

Auf dem Gebiet des Parks gibt es zwei große, von keiner menschlichen Infrastruktur unterbrochene Waldflächen, wie in den Staatswäldern der Haute Meurthe, der Vologne und von Noire Goutte.

Eigentlich ist das Tal der Seen von Gérardmer bis Retournemer eine durch den Rückzug der Gletscher aus dem Vogesenmassiv vor 10 000 Jahren zurückgelassene, ursprüngliche Landschaft. Die drei Seen unterschiedlicher Größe, die vom See von Retournemer (776 m) abfallen bis zu dem von Gérardmer (663 m) bildeten sich entweder hinter einem Felsriegel wie bei Retournemer oder hinter vom Vologne-Gletscher zurückgelassenen Gerölldämmen (Longemer und Gérardmer).

Der Kontrast ist scharf zwischen dem weiten, wiesenbedeckten Talboden und den ausschließlich mit Wald bedeckten Hängen, außer auf der Höhe von Gérardmer, wo der große, den See dominierende Südhang von Ferienhäusern übersät ist. Die Landschaft ist auch stark geprägt durch den Tourismus, dessen Ursprung, was die Vogesen betrifft, vermutlich am See von Gérardmer lag.

Am besten überblicken lassen sich die offenen Landschaften der Hochtäler in dem der Moselotte in La Bresse und in bescheidenerem Maße im Hochtal des Ménil-Baches und der oberen Mosel in Bussang. In diesen Tälern, die eine Industrialisierung durchliefen, nutzte die Landwirtschaft bis vor kurzem die Weiden und Heuwiesen der Talhänge. 

Die Wiesen sind hier, im Gegensatz zu dem was man im größten Teil des Vogesenmassivs sieht, auch noch sehr ausgedehnt und bedecken größtenteils die Talhänge, selbst wenn mancherorts das Brachland immer mehr zunimmt.

Eine Landschaft von Industrien und Wäldern ist charakteristisch für den Großteil der unteren Täler der Mosel ab Saint-Maurice und der Moselotte ab Cornimont. Die Industrialisierung hat die Ortschaften dieser Täler sehr stark geprägt, und es bleiben noch viele ehemalige Fabriken und Arbeitersiedlungen an den Talböden. Die Talhänge dagegen wurden von der Landwirtschaft vollständig aufgegeben und sind längst mit Wald bedeckt.

Die Landschaft des „Plateau de la Vôge“ entspricht dem Abfall des Massivs nach Südwesten, um Plombières-les-Bains und Le Val d’Ajol. Westlich der Mosel neigt sich eine von Trias-Sandstein gebildete Hochebene nach Südwesten, mit stark abfallenden Höhen zwischen 800 und 550 m.  

Die beiden ins Saône-Becken fließenden Flüsse Augronne und Combeauté entspringen auf dieser Hochebene. Ihr Lauf entspricht dem allgemeinen Gefälle und schneidet 200 m tief in das Plateau ein. Der höchste Teil der Ebene ist zwar bewaldet, doch meistenteils wird sie bewirtschaftet und kontrastiert mit den bewaldeten Talhängen.

Das Tal der Moselotte bei La Bresse
Foto: © M. Deshaies

Zielsetzungen und Projekte
Die zweite Charta (1998 – 2008) hat die Maßnahmen um vier Zielsetzungen konzentriert: die Erhaltung der Naturräume, vornehmlich der Hochvogesen, die Wiederherstellung offener Landschaften, die auf lokalen Ressourcen aufbauende Wirtschaft, die Aufwertung des kulturellen Erbes. Diese Themen ließen neue Fragen auftauchen, die dazu führten, das gesamte Gebiet mit zu berücksichtigen.

Die Erhaltung außergewöhnlicher Naturstandorte ist nicht möglich ohne Beachtung der ökologischen Zusammenhänge im Gesamtgebiet des Parks, so wie auch der Erhalt von offenen Landschaften in direktem Zusammenhang steht mit der Umsetzung eines nachhaltigen Städtebaus. Die Revision der Charta berücksichtigt diese Probleme und mündet in eine dritte Charta (2011-2023) external link pdf, die auf vier Ausrichtungen gründet:

Das Moseltal bei Rupt-sur-Moselle
Foto: © M. Deshaies

-  Orientierung 1: Die biologische Vielfalt und den Abwechslungsreichtum der Landschaften auf dem gesamten Gebiet erhalten:
Diese Orientierung kann erreicht werden dadurch, dass man die Biodiversität fördert, indem man ökologische Zusammenhänge erhält und Landschaften schützt dadurch, dass man sie offen und abwechslungsreich hält. In diesem Fall geht es darum, so emblematische Lebensräume wie die „hautes chaumes“, die Torfmoore und Feuchtgebiete zu erhalten oder sogar wiederherzustellen und gleichzeitig ökologische Korridore zu erhalten und einzurichten, die sie untereinander verbinden.

-  Orientierung 2: Globale Vorgehensweisen verallgemeinern, die eine flächen- und ressourcenschonende Raumordnung gewährleisten:
Angesichts der fortschreitenden Periurbanisierung in den Tälern und den Vorgebirgen und der schleichenden Banalisierung der Landschaften gilt es, flächensparend vorzugehen und einen nachhaltigen Urbanismus zu fördern; zum Beispiel indem man sich auf im Park-Plan aufgeführte Prinzipien stützt, auf die SCOT (dt. territoriales Kohärenz-Schema) und die PLU (vgl. dt. lokaler Urbanisierungsplan).

Ziel ist es, auf dem Gesamtgebiet über Urbanisierungsdokumente zu verfügen, um Flächen und Ressourcen zu sparen und die Durchführbarkeit der Projekte einschätzen zu können. Auf der energetischen Seite strebt der Park die Reduzierung des Verbrauchs fossiler Energien und gleichzeitig den Ausbau erneuerbarer Energien an. Zu den konkreten Maßnahmen gehört, dass der Park auf den Ausbau und die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel setzt.

 

-  Orientierung 3: Die wirtschaftliche Aufwertung auf die lokalen Ressourcen und die Nachfrage im Nahbereich gründen:
Vor allem geht es darum, lokale industrielle und handwerkliche Aktivitäten aufzuwerten durch die Förderung und den Ausbau kurzer Handelswege und indem man gemeinsames Vorgehen von Betriebsbranchen unterstützt.

Ein besonderes Augenmerk ist auf die lokalen Branchen gerichtet, welche die Naturschätze aufwerten (Wald/Holz, Baugewerbe), die an Ort und Stelle verarbeitet werden können. Schließlich sollen Maßnahmen unternommen werden, um Parkbesucher besser empfangen zu können und für ein spezifisches „Ballon des Vosges“-Image zu werben.

 

-  Orientierung 4: Das Zugehörigkeitsgefühl zum Gebiet stärken:
Das Wissen um das kulturelle Erbe und die sich dem Gebiet stellenden Herausforderungen soll verbessert werden, umweltbewusste Vorgehen sollen gefördert, der Austausch und die kollektive Dimension der im Gebiet angewendeten Strategien soll unterstützt werden.

Vier unterschiedliche Arten von Maßnahmen sollen umgesetzt werden: das Wissen um das kulturelle Erbe verbessern und gemeinsam nutzen (Bestandsaufnahmen, Umfragen, Studien); sensibilisieren und erziehen, um Verhaltensweisen zu ändern; Austausch und Offenheit den andern gegenüber intensivieren und zur kulturellen Vielfalt beitragen; kommunizieren, um den Bekanntheitsgrad des Parks zu steigern.

 
Niedrige Vegetation in den Hochvogesen
Foto: © M. Deshaies

Quellen


Sell, Y. et al. 1998 : l’Alsace et les Vosges, géologie, milieux naurels, flore, faune ; guide Delachaux et Niestlé, 352 p.

Externe Lins 


Naturpark Ballons des Vosges external link

Charte 2011-2023, parc naturel des Ballons des Vosges external link pdf